Viele Texte, Bilder und Töne sind verschwunden. Es ist an der Zeit zumindest einige von ihnen wieder sichtbar / lesbar zu machen. Auf dieser 'Seite' soll (im Laufe der Zeit) eine Anthologie erscheinen, die mehr oder vor allem weniger bekannte Literatur zugänglich macht, die dem (subjektiven) Interesse des Herausgebers entspricht und frei vom Geist der Zeit ist. (Deshalb, daher, aus diesem Grunde) ist es nur folgerichtig / nachvollziehbar, dass die Texte (zum überwiegenden Teil) Texte der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sind.

Jedoch: Bevor man liest sollte man wissen wie man liest.
Eine Anregung bietet die Anekdote:
 
Wie man ließt
von Christoph Martin Wieland.
A., B. und C. (schwören es zusammen) : Müde vom Durchwandern öder Letternwüsten, voll leerer Hirngeburten, in anmaaßendsten Wortnebeln ; überdrüssig ästhetischer Süßler wie grammatischer Wässerer ; entschloß ich mich : Alles, was je schrieb, in Liebe und Haß, als immerfort mitlebend zu behandeln ! ---
20. 9. 1958 - Darmstadt i. d. Barbarei
Arno Schmidt
Wie komme ich zu der Annahme, daß meine Meinung {In der deutschen Literatur von 1750-1800 kristallisiert sich ein immer noch nicht genügend beachteter Neuanfang und deshalb ist es notwendig wichtige Texte dieser Zeit erneut vorzustellen} so wichtig ist, daß sie andere interessieren könnet?
Die Lässigkeit des Schreibens und Druckens war ein angenehmer Zug des 18. Jahrhunderts, welches die Genauigkeit der Sätze nicht mit ihrer pedantischen Niederschrift und Übertragung in den Satz verwechselte. Es wußte, beneidenswerter Weise, selbst eine Unterscheidung wie die zwischen das und daß als unerheblich zu betrachten, die uns heute eine Störung der Lektüre zu vermeiden scheint, und darum sie zu treffen, aus zwar erfindlichen, aber keineswegs über jeden Tadel erhabenen Ordnungsgründen, automatisch angebracht. Auch zwischen sie und Sie, Personalpronomen und Anrede, haben die Autoren und die Setzer so geflissentlich nicht unterschieden, wie es uns heute dienlich dünkt wenigstens dort, wo wir disponiert sind, das Fehlen der Differenzierung als verwirrend zu empfinden, und uns so dazu bewogen fühlen, es zumindest je nachdem zu halten, sie uns hin und wieder herzustellen. Aber wozu, zum Beispiel, sollte es vonnöten sein, den kapitalen Umlaut der Fraktur in der Antiqua nachzumalen - wie weithin üblich, und schon so etwas wie das Markenzeichen der Beflissenheit. Was schließlich die als unzweifelhafte verstandenen Versehen betrifft, die zu identifizieren so einfach gar nicht ist, wie da manche meinen, die da unter Umständen auch an bloßen Unbotmäßigkeiten und solchen Fehlschreibungen sich stoßen, deren vorschnelle Tilung den Wortlaut womöglich um ihm spielerisch oder von höherer Hand eingeschriebene Reize bringt, so haben wir uns auf die Korrektur derjenigen beschränkt, denen wir nichts abgewinnen konnten, zum Beispiel Hochzeitsmal nicht in Hochzeitsmahl, oder Stadthalter in Statthalter, aber dann doch Ärme in Arme geändert - in der Gewißheit, damit keine Entscheidungen getroffen zu haben, die den zur Verfügung gestellten Text zu einem zweiten, einem von dem des Autors verschiedenen machen.
Uwe Nettelbeck, Der Kommentar, in: Die Republik, Nr. 120-122, La Pradelle 2006, Seite 75-76.
Motto :
Ich bin, der ich bin,
kein anderer hat meine Pflichten,
kein anderer darf für mich denken.

[dixit ?]


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