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Das französische Original, mit der Musik von André-Ernest-Modest
Grétry [Die Ouvertüre dieser Fassung können Sie hier hören. Bournemouth Symphony Orchestra, Sir Thomas Beecham], erlebte Thümmel zuerst im August 1772 auf der Bühne
in Spa. Thümmels Bearbeitung wurde von Johann Gottlob Neefe, einem
Lehrer des jungen Beethoven, vertont, doch ist die Musik, mit Ausnahme
einer Arie, nicht erhalten.
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Dem Text liegt ein Exemplar der Universitätsbibliothek
München zugrunde:
Titelaufnahme:
Grétry, André-Ernest-Modeste: Zemire und Azor . eine
komische Oper / Nach dem Französischen des Herrn Marmontel. [Komp.:
André-Ernest-Modeste Grétry]. - Frankfurth ; Leipzig, 1776.
- 64 S.
EST: Zemire et Azor <dt.>. Komp. ermittelt. -
Textverf.: Jean Francois Marmontel
Bemerkung:
Es handelt sich um den 3. Teil eines Sammelbandes aus der Sammlung
des Freiherrn von Pfetten (Typograph. Exlibris im 1. Teil des Sammelbandes)
Größe des Originals: ca. 162 x 95 mm
Signatur des Originals: 8 P.germ. 2157#3
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Personen:
Azor, ein persianischer Prinz, anfangs unter einer fürchterlichen
Gestalt.
Sander, ein persianischer Kaufmann.
Ali, sein Sklave.
Zemire,
Fatime,
Töchter des Sanders.
Lisbe,
Eine Fey.
Verschiedene Genies und Feyen.
Die Scene ist in Persien, bald in einem Feyen=Palast, bald in einem
gemeinen Landhause.
Erster Aufzug.
Erster Auftritt.
S a n d e r . A l i.
Sander.
Ein seltsames Abentheuer! Ein Palast, hell erleuchtet, reich ausgeziert,
in der schönsten Ordnung, und doch kein Mensch drinnen!
Ali (furchtsam.)
Kein Mensch! O mein Herr ich dächte, wir
machten uns beyzeiten hier weg. Es ist mir nicht wohl zu Muthe Ich denke
immer, ich denke = = =
Sander.
Und was?
Ali.
Daß alles das hier Zauberey ist.
Sander.
Mags doch! Bey einem so heftigen Gewitter
in der Nacht mitten in einem finstern Walde warrlich, mehr, als Glück,
daß wir noch diesen Schutzort gefunden haben.
Ali.
Also hättest du wohl Herz, diese Nacht hier
zu bleiben?
Sander.
Und warum nicht?
Ali.
Lieber Herr nimm dich in Acht!
Sander.
Was fürchtest du? Wenn jemand diesen Palast
bewohnt, so müssen wir ihm die Gerechtigkeit wiederfahren lassen,
daß er uns sehr gut empfängt.
Ali.
Wenn es aber ein Geist wäre?
Sander.
Nun, wenn er es denn wäre?
Ali.
So dächte ich wir machten uns über
Hals über Kopf davon.
Arie.
Das Wetter ist vorbey Es wehn
Nicht mehr die ungestümen Winde.
Geschwinde laß uns itzt geschwinde
Zurück in unsre Wohnung gehen.
Noch ist die Luft ein wenig dicke;
Von weitem donnerts noch Allein
In einem kurzen Augenblicke
Wird aller Lärm vorüber seyn!
Wie werden sich nicht deinen schönen,
Geliebten Töchter nach dir sehnen!
Schon haben sie die halbe Nacht
In Angst und Sorgen zugebracht.
Das Wetter ist vorbei etc. etc.
(Das Accompagnement widerspricht den Worten.)
Sander.
Was Wetter ist vorbei? Hörst du nichts mehr?
Ali.
Ja, ich höre wohl, aber = = =
Sander.
Aber wie soll ich den Rückweg finden?
Ali.
Ich will dich bey der Hand führen.
Sander.
Wir sind aber so gut hier? Ja so seys; wir wollen
die Nacht hier unbekümmert zubringen.
Ali.
Unbekümmert?
Sander.
Und morgen mit Anbruch des Tages fortgehen.
Arie.
Ich sehe nun mein Leben
Mit stolzem Kaltsinn an.
Der kann vor nichts mehr beben,
Der nichts verlieren kann.
Der Himmel zürnt In einem Winke
Verschlingt das Meer mein ganzes Glück.
Die Hoffnung fliehet, und ich sinke
In Armuth und in Schmach zurück.
Ali.
Aber ich der ich niemals ein ander Glück
kannte, als das Leben ich möchte es nicht so gern so ohne Noth wagen.
Sander.
Laß mich ein wenig ruhen, und schlafe auch
du, wenn du schlafen kannst.
Ali.
Ja, wenn ich kann: der Henker mag aber hier können.
Bey Geistern zu schlafen? und ohne gegessen zu haben?
(Bei diesen Worten steigt ein gedeckter Tisch aus dem Boden des
Saals in die Höhe.)
Himmel!
Sander.
Was giebts?
Ali.
Herr siehst du [du] nicht Ein gedeckter Tisch!
Sander.
Desto besser! da sieh, daß jemand hier ist,
der für uns sorgt.
Ali.
Ja Jemand
Sander.
Hier setze dich.
Ali (zitternd.)
Und du willst essen?
Sander.
Warum nicht? Unser Wirth ist prächtig,
und läßt es an nichts fehlen.
Ali, (indem er die Stimme erhebt.)
Ganz recht! ihm ist nichts zu kostbar. (Sachter.)
Ich muß nur Gutes von ihm reden, denn unfehlbar hört er uns
zu.
Sander.
Sehr gute Gerichte!
Ali.
Eine herrliche Mahlzeit wer nur trauen dürfte.
Sander.
Laß dirs schmecken, und sey ruhig.
Ali.
Das erste möchte´ ich wohl. Was das
andre betrifft meinethalben; es sey gewagt.
(Er ißt.)
Sander.
Wie ich sehe, ist auch Wein da.
Ali.
Auch Wein?
Sander.
Versuch´ ihn?
Ali.
Ja, was den Wein betrifft dem widersteh ich
nicht.
Sander.
Du zitterst ja, wie ein Espenlaub.
Ali.
Ach lieber Herr! dieser schmeichelnde Saft vielleicht
nur ein langsames Gift Aber, wenn ich auch wüßte, daß
ich daran sterben müßte, so will ich doch meine Flasche ausleeren.
(Er trinkt.) Ganz vortrefflich!
Sander.
Nun wie thuts?
Ali.
Ein wahrer Lebensbalsam Ich erlag fast unter
Müdigkeit und Furcht aber nach und nach fühl´ ich meine
Herzhaftigkeit und meine Kräfte wieder. (Er trinkt.) Nur noch einen
kleinen Schluck Ah was für ein allerliebstes Getränke!
Arie.
Wie ängstigten mich sonst die Geister!
Ich bin gewiß nicht mehr so dumm.
Seit diesem Schmauße geh ich dreister
Mit allen guten Geistern um.
Welch herrlich Gastmahl! welch ein Trank!
Ach welch ein Trank!
Ihr, guten Geisterchen, habt Dank!
Die Mährchen von euch sind nur Lügen,
Nichts mehr und weniger als Neid;
Wenn Ihr nur meine Freunde seyd,
Ich bin der Eure mit Vergnügen.
Und habt Ihr immer solchen Wein,
So will ich es auf ewig seyn.
Sander.
Endlich einmal ist Ali doch ein Mann, nun fürchtet
er sich vor nichts mehr.
Ali.
Vor nichts in der Welt mehr Drum will ich auch
ein wenig schlummern.
(Er wirft sich in einen Lehnstuhl.)
Sander.
Ich muß doch sehen, was für Wetter
ist?
Ali (gähnt.)
Ah wie schläfrig bin ich!
(Er schlummert mit unter.)
Sander.
Duo.
Der Tag ist schön!
Ali.
Ich glaube dir aufs Wort.
Sander.
Ali!
Ali.
Ich schlafe schon.
Sander.
Steh auf, wir müssen fort
Ali.
Nicht doch! Nach einem solchen Schmauße
Ist erst der Schlaf recht angenehm.
Sander.
Schlaf, wenn wir bey uns sind
Ali.
Ich liege hier bequem. Und bin hier wirklich wie zu Hause.
Sander.
Der Tag bricht an.
Ali.
Er mag sich schlafen legen.
Sander.
Ich laß dich hier und gehe
Ali.
Meinetwegen.
Sander.
Und wenn dich nur ein wildes Thier hier liegen
fänd?
Ali.
So bleib´ ich hier, und fürchte nichts
und trotze jedermann.
Sander.
Das Wunder hat der Wein gethan.
Ali.
Ja ja, das hat der Wein gethan.
Sander.
Fort! Meine Kinder erwarten mich Steht auf,
ich befehl es dir ich will nicht länger hier verziehn.
Ali.
Ach! zum wenigsten laß mich nur noch einen
einzigen Schluck thun.
(Er trinkt!)
Sander.
Da ich diesen Ort verlasse, will ich doch ein
Zeichen dieses Wunderwerks mit mir nehmen. Meine kleine Zemire, als sie
Abschied von mir nahm, bat mich sonst um nichts, als ihr nur eine Rose
mitzubringen Und dieser Stock scheint recht hieher gestellet zu seyn,
um mir eine anzubieten.
(Er nähert sich einem Tisch, worauf ein Rosenstock stehet, und
bricht eine Rose ab.)
Zweyter Auftritt.
A z o r. S a n d e r. A l i.
Azor (unter einer fürchterlichen Gestalt.)
Halt!
Ali (zitternd.)
O Himmel!
Sander.
Was seh ich!
Azor.
Was machst du? warum nimmst du mir meine Rosen?
Sander.
Vergieb! Ich glaubte nicht, daß du mir die
Bluhme nicht gönnen solltest, da du in allem so freygebig bist.
Azor.
Verwegener, Undankbarer! Ich verstatte dir diesen
Schutzort Ich gebe dir eine gute Mahlzeit, den besten Wein, den ich habe,
und du stiehlst mir meine Rosen? und willst noch, daß ich dir vergeben
soll? Nein! ich will mich mit nichts Geringern rächen, als mit deinem
Tode.
Sander.
Gut, gebeut über mein Leben Ich beklage
mich nicht, und meine Tage sind nicht werth, daß ich sie vertheidige.
Meine verlassenen Kinder allein gehen mir nahe.
Azor.
Du bist, wie ich höre, Vater von drey Töchtern?
Sander.
Ach! eben das ist die Ursache meiner Verzweiflung,
daß ich sie ohne Schutz zurücke lassen soll.
Ali.
Gewiß würdest du Mitleiden mit ihnen
haben, wenn du wüßtest, wie schön diese drey Töchter
sind.
Sander.
Ich kommen von Ormus Ich gieng hin, Nachricht
von einem Schiffe einzuziehen, daß meine letzte Hoffnung war Meine
Töchter dachten, ich würde mit Reichthümern zurückkommen
Eine von ihnen bat mich bey meiner Abreise um Bänder, die andere
um Spitzen, aber die jüngste überließ ihnen alle diese
kostbaren Kleinigkeiten, und mit einer zärtlichen und schmeichelnden
Miene umarmte sie mich und sagte: Ich will nichts als eine Rose; die wird
mir lieber seyn, als das prächtigste Geschenk ich werde mir sagen:
Siehe, dein Vater würdigte dich seines Andenkens, als er sie abflückte."
Arie.
Sie wußte nicht, was es für Wünsche
waren,
Die sie mit sanfter Unschuld that,
Als sie um eine Rose bat.
Ach möchte sie es nie erfahren;
Verschweig es ihr, sonst bricht der Schmerz
Ihr kindliches, ihr weiches Herz!
Denn ach! sie wußte nicht, was es für
etc. etc.
Azor.
Ich habe ein so mitleidiges Herz Bald möchte
ich mich bewegen lassen Es sey aber statt deiner muß eine deiner
Töchter zu mir kommen.
Sander.
Wie? ich soll dir meine Töchter überliefern?
Azor.
Versprich oder den Augenblick = = =
Ali.
Er ist hier der stärkste Wir müssen
uns unterwerfen.
Sander.
Grausamer! Um eine Bluhme?
Azor.
Und weißt du denn, ober nicht von diesen
Bluhmen, die durch die Macht der Zauberey hier blühen, mein eigen
Schicksal abhängt?
Sander (für sich.)
Nein, lieber will ich sterben, als ihre Leben
in Gefahr setzen aber zuvor möchte ich sie gern noch einmal sehen
noch einmal umarmen.
Azor.
Nun
Ali (sachte zu Sandern.)
So versprich doch nur!
Sander.
Ungeachtet des Schicksals, das uns bevorsteht,
gebe ich dir mein Wort, und werde es halten. Eine von ihnen soll an meiner
Statt kommen, oder ich selbst komme wieder zu dir.
Azor.
Das versöhnt uns wieder Jetzt kannst du
die Rose nehmen.
Sander.
Ich = = =
Azor.
Nimm sie, ich verlange es Sie sey ein gegenseitiges
Unterpfand unseres Versprechens.
Arie.
Betrüg mich nicht! Du würdest nur
Die Untreu an dir selbst verrichten:
Durch alle Grenzen der Natur
Geht meine Macht, dich zu vernichten.
Doch wenn du meinen Wunsch erfüllst,
Kannst du auf meine Großmuth zählen;
Erwähle dreust dir was du willst,
Du kannst dir nichts zu Großes wählen.
Sander.
Ich werde weniger auf deine Macht, als auf mein
gegebnes Wort sehen.
Azor.
Nimm dich wohl in Acht Komm und folge mir! Ich
will dir den Weg verkürzen eine Wolke soll dich sogleich zu den
Deinigen bringen.
Ali.
Eine Wolke Erlaube = = =
Azor.
Was?
Ali.
Daß ich zu Fuße gehen darf.
Azor.
Warum denn?
Ali.
Ich bin nicht gewohnt, auf Wolken zu reisen.
Azor.
Willst du lieber auf einem Drachen reiten?
Ali (mit noch größerer Furcht.)
Um Himmels willen nicht! zu dieser Art von Bequemlichkeit
ist mein Kopf nicht stark genug.
Azor.
Nun wohl, so kannst du deinen Herrn hier erwarten.
Ali.
Nein! Anfangs habe ich mich zwar vor den Wolken
ein wenig gefürchtet aber es hat nichts zu sagen da mein Herr
mit dieser Post abgehen will, so reise ich mit.
Azor.
So komm!
Ali.
Unterdessen wenn = = =
Azor.
Keine Einwendung!
Ali.
Wohlan, so mag mich meinetwegen der Teufel wegführen,
wenn es nur nicht zu weit geht.
(Die Symphonie drückt den Flug der Wolke aus.)
Ende des ersten Aufzugs.
Zweyter Aufzug.
Das Theater stellt das Innerste in Sanders Hause vor.
Erster Auftritt.
Zemire, Fatime, Lisbe, (indem sie bey einer Lampe arbeiten.)
Trio.
Zusammen.
Seyd munter, liebe Schwersten, wacht!
Es ist die Nacht
Beynah entflohn,
Und es erwacht
Der Morgen schon,
Auf unsre ängstliche Sorgen
Folgt ein herrliches Glück,
Bring uns, frölicher Morgen,
Unsern Vater zurück!
Fatime.
Spitzen hat er mir versprochen.
Lisbe.
Mir versprach er ein neues Band
Fatime.
Von dem feinsten Zwirne
Lisbe.
Von der neusten Art.
Zemire.
Mir versprach er eine Rose Nichts ist, was mich mehr erfreut.
Fatime und Lisbe.
Was? nichts mehr als eine Rose? Welche Kleinigkeit!
Zusammen.
Seyd munter, liebe Schwersten, wacht.
Er ist etc. etc.
Zweyter Auftritt.
S a n d e r. A l i. D i e d r e
y T ö c h t e r.
Zemire, Fatime und Lisbe.
Ach mein Vater!
Sander.
Guten Morgen, meine Kinder!
Zemire.
Was für Freude verursacht uns deine glückliche
Wiederkunft!
Fatime.
Der Himmel giebt dich unsrer Liebe wieder!
Sander.
Er vergönnt mir, euch wiederum zu sehen.
Ali (für sich.)
Da bin ich ganz betäubt Ein Gespann Winde
vor einer leichten Wolke, macht doch ein prächtiges Fuhrwerk aus
der muß mehr als herzhaft seyn, der sich dessen bedient!
Zemire (zum Sander.)
Deine Reise ist doch recht glücklich gewesen?
Fatime.
Du kommst doch recht reich zurück?
Sander.
Alles alles ist leider! verloren.
Lisbe und Fatime.
Alles verloren?
Sander.
Wir sind wieder so arm, als vorher.
Zemire. Du wirst uns dadurch nur desto
lieber.
Sander (zu Fatime und Lisbe.)
Ihr weint, meine Kinder, und du (zu Zemiren.)
du tröstest mich?
Zemire.
Du selbst rechnetest ja so wenig auf eitle Hoffnungen
Wir haben, nach deinem eignen Geständnisse noch immer genug; wie
wenig braucht man, um glücklich zu seyn? Die Vögel im Walde
haben, wie wir, keine Güter, und singen doch am Tage, und des Nachts
ruhen sie, jedes in seinem kleinen Neste Was fehlt ihnen? Nichts Ich
habe oft dem armen und fröhlichen Schnitter auf dem Felde zugesehen
Er scherzte mit seinen Gefährten und besang sein Glück. Ermuntre
dich, mein Vater, ihr Beyspiel ist für uns eine gute Lehre Ali wird
schon allein das Feld bestellen, und ihr, meine Schwestern, und ich wir
wollen einärnten; nicht wahr, meine Schwestern? Die Liebe unsers Vaters
wird uns statt aller Reichthümer und Wünsche seyn.
Lisbe.
Ja, Schwester!
Fatime.
Ach ja wohl!
Zemire.
Wir denken eine wie die andre Sey also nicht
länger unglücklich!
Sander.
Das arme Kind! wie sie mich rührt! Ihr Verstand
ihre Güte ihre Zärtlichkeit entzückt mich
Ich habe an dich gedacht. (Zu Fatime und Lisbe.) Was euch beide betrift,
so konnte ich nicht = = = Ihr wißt die Ursache.
Fatime und Lisbe.
Du bist gar zu gütig.
Sander.
Ich bin zu bedauern du, Zemire, du hast nichts
als eine Rose verlangt, hier ist sie.
Zemire.
Die größte Freude für mich.
Sander.
Ich wünsche, daß sie dir lieb sey
(für sich.) Sie hat mir genug gekostet.
Arie.
Zemire.
Der Bluhmen Königinn verblühe
An meiner frohen Brust! Ich ziehe
Den süßen Aushauch ein, und bin
Selbst stolz auf sie, wie eine Königinn.
Wie blendend ist dein Roth! So blenden
Aurorens Farben nicht.
Geschenk von meines Vaters Händen,
Du glühst, wie mein Gesicht;
Sein Herz, voll väterlicher Triebe,
Sein ganzes Herz zeigt sich durch dich!
Abwesend selbst dacht er mit Liebe
An sein Versprechen und an mich.
Sander.
Meine Kinder! ihr habt die ganze Nacht gewacht,
und ich selbst habe Ruhe nöthig Kommt, umarmt mich, (für sich.)
Himmel, wie weit hast du mich gebracht!
(Fatime und Lisbe gehen ab, Zemire bleibt und bemerkt ihren Vater,
der sich ganz betrübt in einen Lehnstuhl wirft.)
Dritter Auftritt.
S a n d e r. Z e m i r e.
Zemire (für sich.)
Wie er niedergeschlagen ist!
Sander.
Geh!
Zemire.
Nein ich liebe dich mehr als mein Leben, und
ich kann nicht
Sander.
Geh! In meinem jetzigen Zustande Laß
mich!
Zemire.
Weswegen bist du denn so außerordentlich
betrübt?
Sander.
Was soll ich ihr sagen? Geh nur, es ist nichts.
Zemire.
Nichts? Nein, dein Herz kann sich dem meinigen
nicht verbergen Ehe du hofftest, dein Schiff gerettet zu sehen, warst
du über den wahrscheinlichen Verlust desselben getröstet und
itzt, welch ein Unterschied! Traurig, niedergeschlagen, kleinmüthig,
ach in welchen Zustand sehe ich dich, mein Vater! Sage mir dein geheimes
Anliegen, und erleichtere dein Herz Wie kannst du es einen Augenblick
deiner armen Kleinen verbergen, die dich so zärtlich liebt?
Sander.
Laß mich! (Sie entfernt sich.) Ich betrübe
sie, ich muß sie trösten Komm, umarme deinen Vater, ehe du
fortgehst.
Zemire.
Mein Vater!
Sander.
Nun geh auch, lege dich zur Ruhe.
Zemire.
Nein, ich folge ihm Ich muß wissen, was
ihm auf dem Herzen liegt Sein Stillschweigen macht mich zittern.
Vierter Auftritt.
Ali (allein.)
Träume ich, oder wache ich? Ich weiß
nicht, wo mir der Kopf steht Noch habe ich mich nicht von meiner Furcht
wieder erholt. Mein armer Herr! Er hat sein Wort von sich gegeben, wie
will er sich losmachen? Da sieht man, was man von dem Herumreisen hat.
Arie.
Eine andrer mag auf Reisen sich begeben,
Um jung zu sterben
Immerhin!
Ich will wie eine Pflanze leben,
Und Wurzel fassen
wo ich bin.
Zu Lande und bey hübschen Tagen
Will ich mich wohl zu einem Weg verstehn.
Zur Noth wollt´ ich es auch noch wagen,
Ein Streckchen in das Meer zu gehen;
Doch wieder auf einer Wolke zu fahren,
Wo man tief, tief herunter sieht,
Wie unter einem die Erde flieht,
Da soll mich Gott davor bewahren;
Das sag ich jedem ins Gesicht,
Dergleichen Reisen lieb´ ich nicht.
Fünfter Auftritt.
A l i . Z e m i r e.
Zemire.
Ali, mein lieber Ali, sage mir nur, was meinem
Vater fehlt? Sein Stillschweigen bringt mich noch zur Verzweiflung Er
mischt unter seine Umarmungen Seufzer und Wehklagen, die mir durch das
Herz dringen.
Ali.
Laß mich fort!
(Er thut, als ob er gehen wollte.)
Zemire.
Wie du wolltest gehen?
Ali.
Ich ich kann keine Thränen sehen.
Zemire.
Lieber Ali, habe Mitleiden mit meinem Zustande,
würdige mich, mir den Kummer deines Herrn zu vertrauen, vielleicht
kann ich ihn lindern.
Ali (für sich.)
Das angenehme Kind wie schade, daß sie
bey ihren jungen Jahren gefressen werden soll!
Zemire.
Was sagst du?
Ali.
Nein ich wette er frißt sie nicht = =
= Hör einmal So viel ist gewiß, daß ohne deine Hülfe
dein unglücklicher Vater verloren ist.
Zemire.
Mein Vater?
Ali.
Er hat mir zwar aufs Leben verboten, dir etwas
zu sagen Aber was helfen alle Vorstellungen und Ausflüchte! Mit
einem Wort Diese Nacht in einem Walde = = =
Sander (hinter der Szene.)
Ali!
Ali.
Mich deucht, ich höre ihn rufen Ja, er
ists selbst, geh und warte auf mich.
Zemire.
Ali, nun muß ich alles wissen Du hast
mir zu viel gesagt, als daß du es mir verhehlen kannst.
Ali.
Geh nur ich komme bald wieder.
Sechster Auftritt.
S a n d e r. A l i.
Sander (für sich.)
Keine Ruhe weiter für mich Die Angst, die
mich quält = = = (Zum Ali.) Du schläffst nicht?
Ali (traurig.)
Ich? Nein!
Sander.
Und die armen Kinder?
Ali.
Die ruhen
Sander.
Ihre Zärtlichkeit martert mich ich verbiete
dir nochmals, ihnen zu sagen, wo ich hingehe, und was für ein Unglück
meiner wartet.
Ali.
Wie, du willst wirklich gehen?
Sander.
Diesen Abend.
Ali.
Hat es denn solche Eile?
Sander.
Einen Tisch, ich will schreiben Laß mich
allein.
Siebenter Auftritt.
S a n d e r (allein.)
Wie unruhig bin ich! Ich erliege unter der Last
meiner Schmerzen.
Rezitativ.
(Er schreibt.)
Ich muß zum andernmal, geschwinder,
Als ich es dachte,
von euch gehen;
Und wird´ euch, meine lieben Kinder,
Vielleicht so
bald nicht wieder sehn.
Ein stilles
heitres Glück und eine sanfte Tugend
Begleit´ euch, da ich von euch soll,
Durch die Gefahren
eurer Jugend!
Liebt mich liebt euch und lebet wohl!
Nun bin ich viel ruhiger Ich muß diesen Brief sichern Händen
übergeben Ali = = = aber er schläft. Es ist genug, daß
ich ihn hier zurück lasse, ehe ich diesen Abend weg gehe Ich weiß
mich vor Schwachheit nicht zu lassen, und ich fühle, daß meine
Augen wider meinen Willen schwer werden.
(Geht ab.)
Achter Auftritt.
Z e m i r e. A l i.
Duett.
Zemire.
Ich muß ihn sehn! Vielleicht ach! rühre
Ich ihn. Sein Schicksal jammert mich!
Mein Leben ach! für ihn verliere
Ichs gern: Vielleicht entschließt er
sich!
Ali.
Sprich nicht zu laut, Zemire,
Er höret dich!
Zemire.
Das zärtlichste von seinen Kindern
Soll Schuld an seinem Tode seyn?
Ich will ihn sehn; es zu verhindern,
Mich selbst für ihn zum Opfer weihn.
Ali.
Du wirst es nicht verhindern,
Zemire, nein, es kann nicht seyn!
Zemire.
Wie wenig muß dein Herz ihn lieben,
Erhörst du nicht mein kindlich Flehn!
Ali.
Je daß dich! Euch nicht zu betrüben,
Will er ganz still von hinnen gehen.
Zemire.
Nein, nein! Mich laß das Ungeheuer
Nur sehn! Hör Mitleid, Lieb´ und
Pflicht!
Ali.
Zemire, nein, das ist kein Freyer
Für dich! das thu´ ich ewig nicht.
Zemire.
Ach liebster Ali, laß dich rühren!
Ali.
Ich sollte dich zum Tode führen?
Zemire (fällt auf die Kniee.)
Ja, sieh mich tiefgebeugt vor dir.
Ali.
Nein! kleine Schlange, weg von mir!
Zemire.
Ich bitte dich, ich flehe.
Ali.
Ich zittre, ich vergehe.
Zemire.
Ach, Ali, ach!
Ali.
Zemire, ach!
Zemire.
Gieb meiner heißen Bitte nach!
Ali.
Ich fühl´ es, ja ich werde schwach.
Zemire.
Es kann einmal nicht anders seyn.
Ali.
Zemire, nein, es darf nicht seyn.
Zemire.
Ach, Ali, ja!
Ali.
Zemir´, ach nein!
Zemire.
So soll es seyn, so muß es seyn!
Ali.
Da steht der Narr und willigt ein!
Ende des zweyten Aufzugs.
Dritter Aufzug.
Erster Auftritt.
A z o r (allein.)
Grausame Feye! Endige mein Leben oder meine Qual!
Du hast mich mit der Schönheit begabt Ich war so eingenommen von
diesem Geschenke Aber ach! Ist dieses ein Verbrechen, das deinen Haß
verdient? Wie streng ist, was du von mir forderst! Unter dieser Gestalt
verlangst du, daß man mich lieben soll, und die Zauberey soll nicht
eher aufhören, bis ich, meiner Häßlichkeit ungeachtet,
ein junges Herz zu rühren vermag. Kannst du es aber wohl selbst hoffen?
Du hast mir zwar die Macht ertheilt, den Elementen zu befehlen, aber die
Herzen sind dir nicht unterthan, und die Liebe ist mächtiger, als
alle Bezauberungen.
Arie.
Was kann das Schicksal, uns zu quälen,
Für eine größre Strafe wählen,
Als wenn sie uns ein Herz erhält,
Das immer liebt und nie gefällt?
Die Freundschaft winket mir ich sehne
Mich muthlos nach ihr, sie verzieht
Mich reizt die Liebe Jede Schöne
Erblickt mich, ängstet sich und flieht.
Wird dieser gute Vater, dem ich befehle, mir seine Tochter auszuliefern,
wohl so hart seyn, mir zu gehorchen? Thut er es, so ist es ein neues Unglück
für mich. Ich werde lieben, aber kann ich wohl durch Zwang mir Gegenliebe
verschaffen? Die Furcht erweckt Haß und nur Liebe kann Liebe erwecken.
= = = Was seh ich? Eine junge Person, die sich diesem Schlosse nähert.
(Lebhaft.) Ich glaube ihren Begleiter zu kennen? ja, er ist´s Wie
wär es, wenn ich ihr entgegen gienge? Nein, Frost und Hitze überfallen
mich Ich will mich verstecken; ich will ausfindig zu machen suchen, durch
welche Art des Vergnügens sie etwann zu rühren ist, und wenn
es möglich ist, soll ihr Herz beruhigt seyn, ehe sie mich sieht.
Zweyter Auftritt.
A l i. Z e m i r e.
Ali.
Hier sind wir nun; ich will mich bey guter
Zeit retten Leb wohl!
Zemire.
Wie? Wohin?
Ali, (der die Thüren zugeschlossen findet.)
Ach, ich Unglücklicher! es ist um mich geschehen
Alles ist verschlossen.
Zemire.
Ali! du bist ganz außer dir
Ali (laut.)
Wohlan, wir müssen alles anwenden, uns dem
braven Herrn Wirth zu empfehlen, der uns so wohl aufnimmt Ohne Zweifel
sieht er mich mit einigen Vergnügen wieder bey sich, da er die Gütigkeit
hatte, mich das erstemal zu nöthigen, hier zu bleiben. (Sachte.) Ah
ich Narr! wieder hierher zu gehen! das war dumm!
(Er schlägt sich vor den Kopf.)
Zemire.
Er ist also sehr häßlich? sehr fürchterlich?
Ali (mit lauter Stimme.)
Nichts weniger.
Zemire.
Du hast mirs ja gesagt.
Ali.
Ich? das ist mir nicht in den Sinn gekommen.
Anfangs kömmt es einem bald so vor, aber je genauer man ihn ansieht
= = = ja er hat einen guten Anstand, einen schönen Wuchs nach seiner
Art Sein Gesicht habe ich eben nicht genau gesehen aber er ist jung
artig übrigens auch reich Er liebt guten Wein! schon kein übles
Anzeichen! denn ein Trinker hat allemal ein vortreffliches Herz. Nur herzhaft,
Zemire! Du wirst ihn schon kirre machen, du bist jung, du bist schön!
Halte dich hübsch gerade, wenn du ihn siehst Mache eine tiefe Verbeugung,
und hüte dich vor allen Dingen, ihn häßlich zu finden
das wäre nicht artig Er wird dir sagen = = = was weiß ich´s,
was er dir sagen wird Antworte ihn mit einer Miene so mit einem gewissen
Tone, der ihn rührt; (sachte.) denn er ist allemal ein wenig ungestümm;
vor allen aber sey mein Beystand, und wenn er Lust bekommen sollte, mich
zu verschlingen, so sag ihm nur, daß ich das Leben sehr lieb habe,
und lege ein rechtes Gewicht auf das, was ich für ihn getan habe.
Zemire.
Wird er lange unsichtbar seyn?
Ali.
O nein!
Zemire.
Alles scheint mir in diesem Schlosse ruhig zu
seyn. Sieh einmal! Hier sind Bücher hier ist ein Klavier!
Ali.
Ja, er thut sein Möglichstes, dir Höflichkeit
zu erzeigen.
Zemire.
Man sollte denken, er hätte gewußt,
daß ich die Musik liebe, und daß er willens wäre, mir
die Zeit zu vertreiben.
Ali.
Ganz gewiß ist das seine Absicht.
Zemire.
Was sehe ich? Ali! du kannst ja lesen. Sieh
(Diese Worte zeigen sich auf einmal über einer Thür: Zemirens
Zimmer.) Hier soll ich also wohnen? Mach auf!
Ali.
Ich? Das Zimmer gehört dir Mache selbst
auf!
Zemire (macht auf.)
Welcher Glanz, lieber Ali wie ist hier alles
so prächtig so ausgesucht!
Ali.
Ich sehe schon, er erwürgt dich nicht.
Duo.
Zemire.
Geh, Ali, geh Ach! schon zu lange
Wird dem armen Vater bange
Um seiner Tochter Schicksal seyn!
Ali.
Ich gienge gern ach schon zu lange
Ist mir um mein Schicksal bange;
Wie gern ließ ich dich hier allein!
Zemire.
Sprich ihm für mein Leben
Muth und Hoffnung ein!
Ali.
Könnt´ ich nur mein Leben
Selber erst befreyn!
Zemire.
Möcht´ er nie um mich sich grämen!
Muß ich Abschied von ihm nehmen,
Nun so wünsch´ ich nur dabey
Daß er ewig glücklich sey.
Ali.
Ohne mich um dich zu grämen,
Wollt´ ich ewig Abschied nehmen,
Alles wär´ mir einerley,
Wär´ ich dießmal nur erst
frey.
Azor (ohne sich sehen zu lassen.)
Entferne dich, Sklave! Laß sie hier allein.
(Die Thüren thun sich auf.)
Ali, (indem er flieht.)
Mehr verlange ich nicht.
Dritter Auftritt.
Z e m i r e (allein.)
Hier bin ich nun allein! Es sey Er wird bald
kommen. Immerhin Das Herz schlägt mir. Nun warum fürchte ich
mich? Mein Vater ist außer Gefahr, und ich bin nur noch meinetwegen
besorgt Aber der Himmel liebt die Unschuld und wird sie beschützen.
Ich habe meine Pflicht erfüllt; mein Schicksal kann sich ändern
Vierter Auftritt.
Z e m i r e. Ein Chor von Genien.
(Tanz der Genien, die Zemiren ihre Unterwürfigkeit bezeigen.)
Zemire.
Aber welch ein prächtiges Gefolge! Sollte
es mich angehen? Sollte man mich auf diesen Bluhmenthron erheben wollen?
In Wahrheit; ich glaube, daß ich träume.
(Die Genien der Künste bezeigen Zemiren ihre Ehrfucht.)
Fünfter Auftritt.
Z e m i r e. A z o r.
Zemire, (die in die Arme der Feye fällt.)
O Himmel!
Azor.
Unvermeidliche Folge meiner Häßlichkeit!
Zemire, ach erhole dich von dieser tödtlichen Furcht. Ich scheine
in deinen Augen ein fürchterliches Ungheuer zu seyn So wollte es
der ungerechte Befehl einer feindlichen Macht! Aber ach! könntest
du in mein Herz sehen, du würdest es zärtlich und fühlbar
finden Siehe mich nicht an, Zemire, aber höre mir zu.
(Er winkt den Genien und Feyen, sich zu entfernen.)
Zemire.
Ich bin außer mir! Kaum kann ich Athem
holen.
Azor (zu ihren Füßen.)
Und wie kann dich der unglückliche Azor in
Furcht setzen, der hier zu deinen Füßen zittert.
Zemire.
Ach! ich vergehe! Entferne dich wenn du
meinen Tod nicht willst
Azor.
Lebe! es ist an mir, zu sterben, wenn du dich
weigerst, mich anzuhören.
Zemire (für sich.)
Wie schüchtern ist sein Betragen, und seine
Stimme wie angenehm und zärtlich! (Ganz furchtsam.) Willst du mich
nicht verschlingen?
Azor.
Wer? Ich? Ich lebe nur, um dir zu gefallen um
dich zu verehren Wie könnte mir wohl einkommen, dir ein Leid zu
thun!
Zemire (steht auf.)
Ich fange an, mich zu erholen.
Azor.
Die Liebe führt die wildesten Herzen
Den Sitten und der Sanftmuth zu;
Und gequält von süßen Schmerzen,
Beb´ ich heftiger als du.
Ich erzittre, dich zu lieben
Und mein Schicksal kränket mich;
Doch in allen diesen Trieben
Find´ ich keinen Haß für
dich.
Zemire.
Ich kann von meinem Erstaunen nicht zurückkommen
Was für eine schreckliche Gestalt und welch eine reizende Sprache!
Nein, gewiß! Diese Stimme kündigt kein wildes Herz an, und seine
Häßlichkeit ist ohne Zweifel nichts als eine Bezauberung.
Azor.
Ich bin also wohl recht fürchterlich?
Zemire.
Nun Schön bist du nicht.
Azor.
Du hassest mich?
Zemire.
Nein, wenn man nicht boshaft ist, verdient man
auch keinen Haß.
Azor.
Und wenn ich nun bey diesen Gesichtszügen
ein fühlendes und gutes Herz besäße?
Zemire.
So würde ich dich bedauern.
Azor.
Zemire, ach! allzuwahr bedaure mich! Man kann
wohl unter keiner häßlichern Gestalt ein zärtlicher Gemüth
besitzen, als ich.
Zemire.
Ach! Indem ich dir zuhöre, verschwindet die
Furcht, die ich hatte, dich zu sehen.
Azor.
Ja, Zemire; gebiete, als Königinn, über
diesen Palast, so wie über mein Herz Rede und befiel. Alles gehorcht
hier deinen Gesetzen Tausend unschuldige Vergnügungen werden deine
Einsamkeit bezaubern. Du hast Kenntnisse, und wendest sie gern an; hier
hast du genug, um dich zu beschäfftigen, die schönen Künste,
die reiche Natur die Gärten die Vögel die Bluhmen.
Zemire.
Ach die Blumen!
Azor.
Sie werden dir hier gefallen Wenn du manchmal
aus Gefälligkeit der Freundschaft erlaubtest, an deinen Beschäfftigungen
Antheil zu nehmen was für angenehme Augenblicke würdest du
ihr verschaffen! Willst du, daß sie sich entferne Nun auch dann,
so schwer es ihr ankommen wird, soll sie dir gehorchen.
Zemire.
Aber mein Vater? meine Schwestern?
Azor (lebhaft.)
Ich bin reich; und hoffe durch Wohlthaten so weit
zu kommen, deinen Vater zu trösten Er hat nur Wünsche zu thun,
ich will sie erfüllen Ich will deine Schwestern verheurathen
und ausstatten; deine Verwandten haben ihr Vermögen verloren ich
werde sie schadlos halten, und so viel sie auch von mir erhalten, wird
es doch immer ein schlechtes unwürdiges Opfer für diejenige seyn,
der ich es eigentlich bringe.
Zemire.
Weißt du wohl, daß du mich ganz außerordentlich
rührest?
Azor.
Ach Zemire!
Zemire.
Ich gewöhne mich schon daran, dich zu sehen.
Azor.
Nun wohl, so laß dir diesen Aufenthalt gefallen.
Du singst, ich weiß es, du singst vortrefflich Schon, wenn du sprichst,
rührt und bewegt deine Stimme alle meine Sinne welch eine Lust für
mein Gehör, wenn ich erst deinen Gesang empfinden werde!
Zemire.
Wenn du es haben willst, will ich singen.
Azor.
O wie gütig bist du!
Zemire.
Arie.
Die Nachtigall mit ihren Jungen
Glaubt von dem düstern Hain,
Den ihr Gesang durchdrungen,
Die Königinn zu seyn:
Die kleine Brut hüpft mit Vergnügen
Um sie herum versucht zu fliegen,
Und eilt, wenn sie die Kraft verläßt,
Zurück ins mütterliche Nest.
Allein, die
Freude war vergebens,
In der sie nun zu leben glaubt;
Der schlaue Vogler kommt und raubt
Ihr jede Hoffnung ihres Lebens.
Seitdem verweint die kleine Sängerinn
Die kränkenden, die leeren Tage,
Und bringt, in einer steten Klage,
Den Morgen und den Abend hin.
Azor.
Dein Gesang ist für mich ein Verweis Ach,
kann es mir denn nicht gelingen, den Kummer deiner Seele zustillen? Bin
ich denn nicht wenigstens im Stande, ihn zu lindern?
Zemire.
Ja, das kannst du.
Azor.
Wie? sage, was kann ich thun?
Zemire.
Mir noch einmal meinen Vater und meine Schwestern
sehen zu lassen.
Azor.
So viel als es mir möglich ist, will ich
dir gehorchen Aber vielleicht bestrafst du mich dafür! Sie werden
hier in einem magischen Spiegel vor dir erscheinen; sobald du dich aber
näherst, wird alles verschwinden.
Sechster Auftritt.
A z o r und Z e m i r e (auf dem Theater.)
S a n d e r, F a t i m e und L i s b e
(in dem Spiegel.)
Zemire.
O mein Vater! meine Schwester! Ach Gott, wie betrübt
er ist! Sein Schmerz widersetzt sich der Mühe, die sie sich geben,
ihn zu trösten. Er sucht mich mit den Augen; er scheint mit mir zu
reden Ich sehe seine Arme nach mir austrecken Ach wenn er wenigstens
mich hören könnte!
Azor.
Das ist unmöglich!
Zemire.
Und ich kann ich selbst ihn nicht hören?
Azor.
Ach Zemire, was verlangst du!
Zemire.
Und du schlägst mir meine Bitte ab?
Azor.
Nein, aber leider bin ich gewiß, daß
ich mich selbst verrathe, indem ich dir gehorche Ihre Klagen werden mich
verhaßt machen; ich sehe es im Voraus aber du willst es? Wohl!
ich liebe dich, und du sollst ihre Stimmen hören.
Sander, Fatime und Lisbe
Trio (mit gedämpften Instrumenten.)
Sander.
Nur zu gerecht sind diese Thränen,
Ach hemmt sie nicht in ihrem Lauf!
Fatime und Lisbe.
Wie rührst du uns! hör´ auf, hör´
auf,
Dich stets nach ihr zu sehnen!
Sander.
Wo schlägt ein Herz von gleichen Trieben?
Fatime und Lisbe.
In mir, in mir!
Sander.
Wer wird mich nun so zärtlich lieben?
Fatime und Lisbe.
Das werden wir!
Sander.
Ich glaube sie zu sehn Wie zärtlich ruft
sie mich.
Fatime und Lisbe.
Auch wir, auch, wir lieben dich!
Sander.
Ich glaub es wohl, doch ich verliere
An meiner zärtlichen
Zemire
Zu viel, zu viel von meinem Glück!
Komm bald, Zemire
ach Zemire!
Dein Vater stirbt! komm bald zurück!
Zemire, (indem sie auf den Spiegel zuläuft.)
Ach mein Vater!
(Alles verschwindet.)
Siebenter Auftritt.
Z e m i r e. A z o r.
Zemire.
Ah Grausamer!
Azor.
Ich hatte es dir vorausgesagt: du selbst hast
die Bezauberung geendet.
Zemire.
Wie ängstigt mich der traurige Zustand meines
Vaters! ach erlaube, daß ich ihn besuchen darf.
Azor.
Was habe ich gethan!
Zemire.
Er sehnt er quält sich, er verzweifelt
Ach bey den Thränen meines Vaters! laß dich rühren
Azor.
Nein; höre auf, Zemire! Ich liebe dich,
und ich sterbe, wann du mir geraubt wirst.
Zemire.
Um meinen Vater zu beruhigen, um ihm das Leben
wieder zu geben, ist eine Stunde ein Augenblick hinreichend.
Azor.
Was für Gewalt hast du über mich Es
sey! geh, besuche diesen so geliebten Vater beruhige sein gekränktes
Herz! Sag´ ihm, daß ich nur durch dich und für dich lebe
daß ich dir unterthan daß ich von dir bezaubert bin: aber
Zemire, ich beschwöre dich, wieder zu kommen. Willst du?
Zemire.
Ja, ich will, und schwör´ es dir.
Azor.
Siehe, schon neigt sich die Sonne Sehe ich sie
vor deiner Zurückkunft untergehen, so wird von diesem Augenblick an
meine Verzweiflung mein Tod gewiß seyn, und du wirst alsdann deinem
Vater sagen: Er ist nicht mehr! und ich bin die Ursache seines Todes
gewesen."
Zemire.
Ich Schuld an deinem Tode seyn? Davor behüte
mich der Himmel Nein, du hast so viele Güte, und mein Herz ist so
gerührt davon, daß ich um dich = = = (Beyseite.) ach! warum
war das Schicksal so grausam gegen ihn, und verunstaltete ihn so sehr!
Azor.
Es wird von dir abhängen, seine Ungerechtigkeit
zu vergüten. Ich übergebe dir mein Leben und mein Glück.
Geh! Wenn du meineidig würdest werde ich deine Untreue nicht bestrafen;
dieser Ring macht dich frey So lange du ihn trägest, Zemire; bist
du nicht mehr in meiner Gewalt Sieh! ihn vertraue ich, wie mich dir an.
Zemire.
O deine Güte ist unaussprechlich!
Azor.
Wenn du mich wieder sehen willst, so ziehe diesen
Ring ab, und in dem Augenblick wirst du mir wieder gegeben seyn.
Zemire.
Dieß Vertrauen warest du mir schuldig. Du
sollst sehen, daß ich es verdiene.
Azor.
Leb wohl! Vergiß denjenigen nicht, der
dich mit der größten Ungeduld erwartet.
Vierter Aufzug.
Das Theater stellt Sanders Haus vor.
Erster Auftritt.
S a n d e r. A l i.
Sander.
Welch Unglück ist das meinige!
Ali.
Ach mein Herr
Sander.
Was giebt´s wieder?
Ali.
In der Luft
Sander.
Nun! in der Luft?
Ali.
Habe ich gesehen
Sander.
Was denn?
Ali.
Ich weiß es nicht.
Arie.
Ich sah ich zittre noch!
Ich sah was sah ich doch?
Einen hellleuchtenden Wagen,
Auf schnellen Wolken getragen;
Der Himmel helf´ es zogen ihn
(Ach wenn sie nur vorüber ziehn!)
Ein Paar geflügelter Drachen.
In ihrem feurigen Rachen
Sah ich sogar die Zähne glühn:
Die Augen funkeln sie blasen
Flammen aus schnaubenden Nasen
Ich sah ich zittre noch!
Ich sah was sah ich doch?
Einen hellleuchtenden Wagen,
Auf schnellen Wolken getragen.
Vielleicht ist auch Gott geb´s, von
allem, was ich sah,
Wenn man es recht besieht, nichts da;
Die Furcht hat andre schon betrogen.
O hätt´ ich dießmal nur gelogen!
Sander.
Aber was zum Henker! gehen mich der Wagen und
die Wolken an?
Ali.
O gar nichts aber ganz gewiß ist das wieder
einer von den Herren, die zu ihrem Spaß reisen.
Zweyter Auftritt.
Z e m i r e. F a t i m e. L i s b e.
S a n d e r. A l i.
Fatime und Lisbe.
Ah meine Schwester!
Zemire.
Mein Vater!
Sander.
Wie? Zemire? meine Tochter? bist du es? bist
du´s auch selbst, die ich wieder sehe?
Zemire.
Azor er selber ist´s, der mich hergeschickt
er erlaubet mir, dich wieder zu sehen er hat es mir nicht abschlagen
können ich habe nur einen Augenblick übrig, und wende ihn an,
dich aus deinem Irrthum zu ziehen Hör auf zu klagen und zu fürchten
Ich bin weniger, ja viel weniger bey ihm zu bedauern, als du denkest
Er hat, wie du selbst siehst, die rührende Sorgfalt für mich
und die zärtlichste Freundschaft Er beraubt sich in diesem Augenblick
meiner eine harte Ueberwindung für ihn! und ich fühle alles,
was er bis zu meiner Zurückkunft leidet.
Sander.
Wie?
Zemire.
Wenn ich sie verschöbe, würde ich Schuld
an seinem Tode seyn; betrübe dich nicht länger meinetwegen, mein
Vater! Ich bin glücklich Lebe wohl!
Sander (außer sich.)
Himmel! was hör ich! Meine Tochter! Du wolltest
mich verlassen?
Zemire.
Ich hab´ es versprochen er erwartet mich
ich muß Wort halten.
Sander.
Grausames Kind! Du willst deinen Vater verlassen?
Weißt du, was ich deinetwegen gelitten habe?
Zemire.
Um dich zu retten mußte ich mich selbst
darbieten Aber statt eines strengen Herrn, habe ich einen großmüthigen
Freund gefunden. Nein boshaft ist er nicht, er ist nur unglücklich.
Sander.
Du beklagest ihn?
Zemire.
Ach! er scheint mir nicht so geboren zu seyn wie
er ist. Siehe, wenn wir beysammen sind, sollte man sagen: Er zittre, und
hielte sich für verloren, mir zu mißfallen.
Sander.
Er thut nur gütig und furchtsam, um dich
in den Fallstrick zu locken, und du siehst die Gefahr nicht!
Zemire.
Nein, mein Vater, ich bin überzeugt, daß
er mich aufrichtig liebt.
Sander.
Ich weiß besser als du, meine Tochter, wohin
seine strafbaren Absichten gehen.
Zemire.
Er will dich mit Wohlthaten überhäufen.
Sander.
Er behalte seine Wohlthaten Ich hasse sie, und
er erwarte nichts von meiner Dankbarkeit. Mein Reichthum sind meine Kinder,
und nichts geht mir über den Werth ihrer Unschuld.
Zemire.
Du thust ihm zuviel, mein Vater!
Sander.
Und du verteidigst ihn? Was für Gesinnungen
sind das, die in deinem Herzen für ihn aufsteigen?
Zemire.
Mitleid.
Sander.
Fahre fort, Unglückliche Er hat dich durch
deine Bezauberung zu rühren gewußt Er ist dir nicht gleichgültig.
Zemire.
Nun ja, mein Vater, er ist mir nicht gleichgültig
Sander.
Er hat deine Zärtlichkeit erschlichen.
Zemire.
Ja, sein Schicksal rührt mich, ich kann es
nicht läugnen.
Sander.
Wie dieses Ungeheuer?
Zemire.
Höre mich an und urtheile selbst! Allein,
ohne Hülfe, ohne Zuflucht war ich in seiner Gewalt Ich wünsche
dich wieder zu sehen er erlaubt es mir. Noch mehr du sollst sehen,
ob er mich liebt er läßt mich frey, und verlangt selbst, daß
ich sein Schicksal bestimmen soll. Er wird sterben, wenn ich ihn verlasse,
wie es in meiner Macht steht. Hier habe ich das Zeichen davon.
(Sie zeigt ihm den Ring.)
Sander.
Dieser Ring?
Zemire.
Ja! durch diesen Ring bin ich unabhängig.
Sander.
Unabhängig von der Gewalt dieses Gespenstes?
Zemire.
Ja; und von seinem Willen.
Sander.
Ich lebe wieder auf Ach meine Tochter!
Zemire.
Überzeugt dich dieser Beweis nicht hinlänglich
von der Güte seines Herzens?
Sander.
So kann sein Zorn also künftighin nur mich
allein treffen. Hebe diesen Ring ja vorsichtig auf
Zemire.
Was? mein Vater! du wolltest
Sander.
Trage ihn ja beständig.
Zemire.
Und so sollte ich also denjenigen, der mich erwartet,
diesen Unglücklichen, der mich liebt mit Verrätherey hintergehen!
Und ich sollte ihn unglücklich machen! Nein, lieber will ich mich
seiner Macht ganz überlassen; wenn er aufrichtig ist, so kann ich
alles von seinem Herzen erwarten Ist er tückisch, hat er sich zu
verstellen gewußt, hat er mich nur versucht, was würde ich da
nicht für dich befürchten müssen, wenn ich ihn beleidigte.
Und könnte er mich nicht selbst aus deinen Armen entführen, wenn
er wollte?
Sander.
Er mag kommen.
Zemire.
Nein, laß mich laß mich dich retten!
Duo.
Fürchte sein Ungestüm!
Was für Waffen stellst du ihm
Ohne Macht entgegen?
Sander.
Thränen wirken auf das Herz;
Und der väterliche Schmerz
Wird vielleicht auch ihn bewegen.
Zemire.
Können Thränen dieß vermögen,
O so thun´s die meinen nur!
Sander.
Alle Waffen der Natur
Stell ich ihm entgegen.
Zemire.
Ach! vielleicht entwaffnet ihn
Schon die Unschuld meines Lebens;
Alle List wär´ hier vergebens,
Und die Tugend macht mich kühn.
Sander.
Ihn verfolgen meine Schmerzen,
Meine Tugend, die er kränkt,
Bis er diesem öden Herzen
Die Geraubte wieder schenkt.
Zemire, (die den Ring von sich wirft, und entflieht.)
Schwestern, tröstet meinen Vater!
Sander.
Meine Tochter! ach sie ist fort
Fatime und Lisbe.
Laßt mich der Tag ist mir verhaßt.
Ich will allen Zorn des Ungeheuers auf mich ziehen
Dritter Auftritt.
Das Theater stellt einen Theil von Azors Garten vor eine kleine Wildniß,
wo eine Grotte zu sehen ist.
Azor (allein.)
Die Sonne geht unter und Zemire kömmt nicht
zurück. Ich habe alles verloren Was soll ich auf der Welt? Zemire
verläßt mich Sie will meinen Tod.
Arie.
Sie fliehet mich Vergebens härme
Ich mich um sie, sie fliehet mich!
Undankbare, mit welcher Wärme
Des besten Herzens liebt´ ich dich!
Des Tages Licht ist mir verhaßt,
Mein Leben selbst wird mir zur Last,
Winkt ich so träfen meine Schmerzen,
Und meine Rache träfe sie.
Doch Mitleid spricht in meinem Herzen,
Und wahre Liebe rächt sich nie.
Mein Schicksal wird erfüllt ich unterliege.
Diese Höhle soll mein Grab seyn Ich leide zu viel Ich muß
sterben.
(Er fällt in die Höhle.)
Vierter Auftritt.
Zemire (allein.)
Arie.
Azor! Azor! Vergebens ruf´ ich dir!
Durch Busch
und Hain verbreitet sich der Schall;
Und nur der
Wiederhall
Antwortet mir.
Hier ist die klagende Zemire,
Sie blieb in
deiner Freundschaft treu;
Ach diese edle
Freundschaft führe,
Wo du auch bist,
dich schnell herbey!
Azor! Azor! vergebens etc. etc.
Ich liebte dich,
es überzeugen
Selbst itzt
der Sehnsucht Thränen mich.
Mein Azor, ja,
ich liebte dich;
Was will ich´s
länger mir verschweigen,
Mehr als mein
Leben lieb´ ich dich.
Fünfter Auftritt.
Das Theater stellt einen bezauberten Palast vor.
A z o r (auf einem Thron in allem Glanz der Schönheit.)
Z e m i r e.
Azor.
Zemire!
Zemire.
Azor! o Himmel, wo bin ich?
Azor.
Den Wünschen deines Azors giebt dich der
Himmel noch viel schöner wieder.
Zemire.
Wie? du wärest Azor? ist es möglich?
Azor.
Ja, ich bin dieses schreckliche Ungeheuer, das
du, ungeachtet seiner Häßlichkeit, nicht haßtest. Aber
du hast die Zauberey vertrieben sie ist vorbei, und du giebst mich meinem
Volke wieder und mir selbst. Der Thron, den ich wieder besteige, ist
eine deiner Wohlthaten, komm und theile ihn mit mir! und die Krone sey
das geringste Geschenk, das ich dir mache.
Zemire.
Welch ein Glück! welch ein Wunder! und
ich bin es, durch die es entstand?
Azor.
Ja! dir war es vorbehalten, den langen Zorn der
Feye endlich zu entwaffnen.
Zemire.
Ach! wie habe ich dich beklagt!
Azor.
Ihre Strafe war hart aber doch ließ sie
mir ein Herz, das dich lieben konnte.
Zemire.
Und das war genug, mir zu gefallen; vollende mein
Glück, gieb mir meinen Vater wieder!
Azor.
Diesen Augenblick sollst du ihn sehen.
Zemire.
Ich soll ihn sehen?
Azor.
Ja, du bist wieder in seiner Gewalt.
Sechster Auftritt.
Z e m i r e. A z o r. Die F e y e,
die S a n d e r n,
F a t i m e n und L i s b e n hereingeführt,
und A l i.
Die Feye, (ohne sich zu zeigen.)
Tugendhafter und zärtlicher Vater! Hier
hast du deine Tochter wieder.
Zemire (wirft sich in seine Arme.)
Ach!
Azor.
Ich unterwerfe mich, wie sie, deinen Befehlen.
Zemire (zu ihrem Vater.)
Es ist Azor.
Sander.
Ich weiß alles.
Zemire.
Könntest du unbeweglich seyn?
Azor.
Vergieb! sey großmüthig! und sey glücklicher,
wenn es möglich ist, als du unglücklich gewesen bist.
Zemire (bittend.)
Mein Vater!
Azor.
Ja, aus deinen Händen will ich sie erhalten
Deine Tochter ist dir wiedergegeben. Von deinem Willen wird mein Glück,
und auch, wenn ich mir schmeicheln darf, das ihrige abhängen.
Sander.
Ja, mache sie glücklich! und wie viel es
mir auch gekostet hat! glaubst du wohl, daß ich noch daran denken
könne?
Letzter Auftritt.
Die F e y e (nebst ihrem Gefolge.) Die Vorigen.
Die Feye.
Du siehst, Azor, daß die Güte des Herzens
so viel vermag, als die Schönheit Suche künftig alle Herzen
dadurch zu gewinnen, und unter meiner Herrschaft soll alles, was lebt,
Zemiren und dich verehren.
(Das Gefolge der Feye feyert die Verbindung Azors und Zemirens.)
Das Ballet.
Chor.
Preist die Schönheit, singt die Jugend!
Seht, die Liebe krönet sie!
Aber noch mehr ihre Tugend:
Jene altern, diese nie.
Feye.
Ein blendend äußrer Schimmer
Reizt oft nur einen Augenblick:
Allein, der Liebe sich´res Glück
Gewährt ein edles Herz auf immer.
Sander.
Man fluche dem Geschicke
Niemals, so bitter es auch scheint:
Ein strenger Arzt ist oft ein Freund,
Ein Dornenweg der Weg zum Glück.
Zemire und Azor.
Uns führen
die Leiden
Zur Fülle
der Freuden:
Gesegnet sey auch unser Schmerz!
Mir gab er die Liebe, dir gab er mein Herz.
E n d e d e r H a n d l u n g.
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